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Wiedereröffnung des Ehrenfriedhofs

Mittwoch, 09. April 2025, 10:22 Uhr
Wiedereröffnung des Ehrenfriedhofs  (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Wiedereröffnung des Ehrenfriedhofs (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Nordhausen (psv) Am Montag, den 07. April 2025 versammelten sich internationale und nationale Gäste um der Wiedereröffnung des neuen gestalteten Ehrenfriedhofs der Stadt Nordhausen beizuwohnen.

Bereits 2018 begannen die Arbeiten, um einen würdevollen Ort mit ruhiger Atmosphäre entstehen zu lassen, welcher an das schreckliche Leid, das den Menschen vor 80 Jahren zugestoßen ist, zu erinnern.
Im Januar 1945 richtete die SS auf dem Gelände der Boelcke-Kaserne ein zusätzliches Außenlager des KZ Mittelbau-Dora ein. Unter unmenschlichsten Bedingungen wurden die Häftlinge dort untergebracht. Tausende Kranke und Sterbende lagen auf dem Betonboden und blieben sich größtenteils selbst überlassen. Um den Opfern eine würdige letzte Ruhestätte zu geben, wurden kurz nach der Befreiung durch amerikanische Soldaten zwischen dem 13. und 15. April 1945 bis 1949 auf dem neuangelegten Ehrenfriedhof der Stadt Nordhausen mindestens 2.027 tote KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter anonym bestattet. Bis Ende Mai 1945 kamen weitere 264 Opfer aus Lazaretten hinzu, die nach der Befreiung aus dem Lager Boelcke-Kaserne verstorben waren.
Insgesamt ruhen hier über 2300 Menschen – Männer, Frauen, Kinder, Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Herkunft, die Opfer der rücksichtslosen nationalsozialistischen Verfolgung und Ausbeutung wurden. Nach intensiven Archivrecherchen mit Unterstützung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora konnten die Namen von 262 Toten zweifelsfrei ermittelt werden. Jeder bekannte Name ist auf den neuen Informationstafeln benannt. Sie stehen auch stellvertretend für die vielen anonym bestatteten Opfer.

Oberbürgermeister Kai Buchmann hieß die Anwesenden, darunter Vertreterinnen und Vertreter des Diplomatischen Korps, der Landesregierung, des Landkreises, der Stadt Nordhausen sowie der Religionsgemeinschaften willkommen. Ein ganz besonderer Gruß galt Herr Albrecht Weinberg, ein Überlebender des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora und Ehrenbürger Nordhausens. „Dieser Friedhof ist mehr als eine Begräbnisstätte. Er ist Mahnmal gegen das Vergessen. Ein Zeugnis des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte. Ein Ort, der uns daran erinnert, dass Unrecht nicht abstrakt ist – dass es Menschen waren, die litten, und Menschen, die dafür verantwortlich waren.“ betonte Buchmann.
Er übergab das Wort an Frau Katja Wolf als stellvertretende Ministerpräsidentin Thüringens. Auch sie sprach von der Besonderheit, diesen Friedhof 80 Jahre nach der Bombardierung Nordhausens und nach der Befreiung des KZ Mittelbau-Dora wiederzueröffnen. „Es ist unvorstellbar das Leid der Menschen heute nachzuempfinden“, erklärte sie weiter und mahnte „Aus der Erinnerung erwächst ein Auftrag: Nie wieder! Es darf nie wieder so etwas geschehen!“
Herr Sebastian Hammer, der stellvertretende Leiter der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und Leiter der Dokumentationsstelle trat als Nächster an das Rednerpult. „Am 11. April 1945 entdeckten US-amerikanische Truppen das Außenlager Boelcke-Kaserne des KZ Mittelbau. Dort fanden sie weit über 1.000 tote und sterbende KZ-Häftlinge. Nur etwa 250 Häftlinge konnten sie noch lebend befreien. In den nächsten Tagen verpflichteten die US-Truppen die lokale Bevölkerung, gegenüber dem städtischen Friedhof einen Ehrenfriedhof anzulegen. Nordhäuser mussten die Toten aus der Boelcke-Kaserne zur Grabstätte tragen und sie in 30 lang gestreckten Sammelgräbern beisetzen.“ Erläuterte Hammer. Außerdem ordnete er den Ehrenfriedhof als „Ort des Trauerns und Erinnerns, aber auch als Ort des Lernens“ ein.
Der amerikanische Politikwissenschaftler und ehemaligen US-Botschafters Prof. James Bindenagel, der Sohn eines Soldaten, der bei der Befreiung des KZ-Mittelbau-Dora mitwirkte, sprach anschließend. Seinem Vater, der aus seiner Heimat in den USA über Antwerpen, Köln, entlang des Rheins, schlussendlich im April 1945 in Nordhausen ankam, boten sich schreckliche Bilder. Auch in seiner diplomatischen Laufbahn in Deutschland setzte sich Bindenagel intensiv mit den Geschehnissen und der Geschichte auseinander. Er betont „Beim Erinnern geht es nicht um Schuld, sondern um Verantwortung“ und erklärte weiter „Nur durch die Auseinandersetzung mit dem Bösen können wir bessere Menschen werden“.
Auch der ehemalige stellvertretende Bürgermeister von Antwerpen, Herr Baron Philip Heylen, wandte sich an die Gäste und erinnerte sich an seine erste Besichtigung der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora „Lasst Hass niemals die Kontrolle über das Herz und den Geist gewinnen“ war die Botschaft, die er den Anwesenden ans Herz legte.
Es folgte eine musikalische Überleitung des Bläserquartetts des Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH, welche die gesamte Veranstaltung untermalten.
Herr Albrecht Weinberg, Überlebender des KZ Mittelbau-Dora und Ehrenbürger Nordhausens, und Herr Mihail Groys vom Zentralrat der Juden sprachen anschließend das jüdische Totengebet Kaddisch.
Nach einer gemeinsamen Schweigeminute wurden die Namen der 262 recherchierten Opfer eingespielt, welche Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten eingesprochen haben. Es wurde auch eingeladen, auf den Grabreihen weiße Rosen mit den bekannten Namen der Verstorbenen abzulegen.
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