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Dr. Manfred Schröter mit dem Bundesverdienstorden am 3. März ausgezeichnet

Freitag, 04. März 2022, 08:30 Uhr
Bundesverdienstkreuz (Foto: Jacob Schröter, TSK) Bundesverdienstkreuz (Foto: Jacob Schröter, TSK) Dr. Manfred Schröter sowie weitere verdiente Thüringerinnen und Thüringer wurden mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Im Namen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Kulturminister und Chef der Thüringer Staatskanzlei Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff die Ehrung am 3. März 2022, im Augustinerkloster zu Erfurt vorgenommen.

Hier seine Laudatio:

Dr. Manfred Schröter aus Nordhausen wird mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für sein ehrenamtliches Engagement bei der Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Nordhausens in der Zeit des Nationalsozialismus geehrt.

Der Mediziner Dr. Manfred Schröter war von 1990 bis 1994 Nordhausens erster demokratisch und frei gewählter Bürgermeister nach der Wiedervereinigung. Bevor er im Jahr 2012 zum Ehrenstadtrat Nordhausens ernannt wurde, baute er bis zum Jahr 2002 den Kommunalen Versorgungsverband auf.

Als kritischer Erforscher der Regionalgeschichte publizierte er vor allem zur jüdischen Geschichte seiner Heimatstadt Nordhausen, aber auch zu deren Bombardierung im Jahr 1945. 2013 erschien darüber hinaus die überarbeitete und ergänzte Neuauflage seines Hauptwerks „Das Schicksal der Nordhäuser Juden 1933–1945“. Seine über Jahrzehnte gewachsene Materialsammlung übereignete er dem Nordhäuser Stadtarchiv.

Für alle Projekte zum Thema „Jüdische Bürgerinnen und Bürger in Nordhausen“ ist Dr. Manfred Schröter ein unverzichtbarer Ansprechpartner. Die erste Städtepartnerschaft Nordhausens mit einer Stadt in Israel – Bet Shemesh – aus dem Jahr 1992 ist ebenso sein Verdienst wie die zahlreichen „Stolpersteine“ in der Stadt. Noch heute ist er unermüdlich zu Zeitzeugengesprächen mit Schülerinnen und Schülern, zu Vorträgen oder zu thematischen Stadtführungen unterwegs.

Bundesverdienstkreuz (Foto: Jacob Schröter, TSK) Bundesverdienstkreuz (Foto: Jacob Schröter, TSK) Dr. Manfred Schröter ist für seine ehrenamtliche Arbeit und seine historischen Forschungen zur Verfolgung der Nordhäuser Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus bereits vielfache Anerkennung zuteilgeworden. Im Jahr 2005 erhielt er den Thüringer Verdienstorden und anlässlich der Feierstunde „30 Jahre Friedliche Revolution“ wurde ihm 2019 die Nordhäuser Ehrennadel verliehen.

„Die Herrschaft des verbrecherischen NS-Regimes währte zwölf Jahre. Die Aufarbeitung ihrer Verbrechen und die Aussöhnung mit ihren Opfern ist eine Aufgabe für Generationen“, so Ministerpräsident Bodo Ramelow. „Dr. Manfred Schröter hat mit seinem jahrzehntelangen ehrenamtlichen Engagement zur Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Nordhausens in der Zeit des Nationalsozialismus zu dieser Aussöhnung einen entscheidenden Beitrag geleistet. Es ist mir eine Ehre, ihm mit dem Verdienstkreuz am Bande auch eine Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland zu übergeben.“

Die weiteren Ausgezeichneten waren Hartmut Eckhardt aus Weimar, Rosemarie Fickel aus Bauerbach, Silke Gablenz-Kolakovic aus Jena, Helgard Groß aus Neumühle/Elster, Manfred May aus Benshausen, aus Nordhausen und Prof. Dr. Jochen Süß aus Lippersdorf-Erdmannsdorf.

Im Nachfolgenden Auszüge der Begründung der Stadt Nordhausen zur Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

1. Biografische Angaben

Dr. Manfred Schröter, geboren am 13. Februar 1935 in Nordhausen, war von 1990 bis 1994 Bürgermeister von Nordhausen. Er war in dieser Funktion erster Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Thüringens. Nachdem Abitur 1955 studierte er Humanmedizin in Halle und Leipzig und promovierte 1960. Danach war er dreißig Jahre als Arzt in Nordhausen tätig. Bis zur Niederlegung aus Altersgründen Ende 2011 war er Mitglied des Stadtrates der Stadt Nordhausen.
Dr. Schröter verfasste diverse Publikationen über die gravierendsten Vorgänge der jüngsten Stadtgeschichte: die Verfolgung und Auslöschen der Nordhäuser Juden, die Bombardierung und Zerstörung des 1000- jährigem Nordhausens sowie die Gestaltung der politischen Wende 1989/90 – auch aus der Perspektive als Bürgermeister der Stadt.


2. Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Nordhausens sowie deren Verfolgung von 1933 bis 1945.
Mit seiner Dokumentation des bitteren Unrechts an den Nordhäuser Juden, deren Isolierung, Enteignung, Verfolgung, Vertreibung und gezielten Auslöschung durch die Nationalsozialisten, hat er diesen Teil der Stadtgeschichte für die Nordhäuserinnen und Nordhäuser enttabuisiert. Seine Beiträge sind von überaus kritisch- aufklärerischen Umgang mit der jüngeren Geschichte der Stadt Nordhausen in Ihrem Kontext geprägt. Damit hat Dr. Schröter seiner und den folgenden Generationen an Nordhäuser Bürgerinnen und Bürgern eine Brücke zu den Opfern gebaut.
Durch die historische Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gräuel an den Nordhäuser Juden, hat er auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Nordhäuserinnen und Nordhäuser dergestalt aufgearbeitet, dass nicht mit dem Finger auf Einzelne, sondern eine Gesamtverantwortung deutlich wurde.
Darüber hinaus gelang es ihm, mit seinen Schriften die jüdischen Opfer aus der Masse herauszuholen und deren Einzelschicksale darzustellen. Damit erreichte er mehr als die soziale Einordnung, Dr. Schröter erzählte die Geschichte des Individuums, seiner Familie, seiner Verbindungen und Einbettung in das Bürgertum der Stadt. Damit legte er eine weitere wichtige Facette der Nordhäuser Erinnerungskultur frei: Ein Teil des Bürgertums dieser Stadt wurde vertrieben und vernichtet. Insofern erinnert und gedenkt die Stadt und ihre Gesellschaft nicht nur den Opfern, den Angehörigen einer Religionsgemeinschaft, sondern vor allem ihren Mitmenschen.
Diese Offenlegung der Auslöschung der Nordhäuser Juden und die Mehrdimensionalität für die Stadt Nordhausen verdanken wir Bürgerinnen und Bürger unter anderem aber hauptsächlich Herrn Dr. Schröter. Aus der Erkenntnis seiner historischen Aufarbeitung hat er eine unersetzliche Arbeit für eine offene und integrierende Erinnerungs- und Gedenkkultur in der Stadt geleistet.


2.1 Aufarbeitung der Zerstörung der Stadt Nordhausen durch alliierte Luftangriffe im April 1945.
Herr Dr. Manfred Schröter hat viel publizistisch zur Aufarbeitung der Luftangriffe auf die Stadt Nordhausen und deren fast vollständige Zerstörung in den letzten Kriegstagen 1945 beigetragen. Daneben steht er der Erinnerungskultur der Stadt Nordhausen als Zeitzeuge zur Verfügung. Zuletzt hat der MDR in einer Fernsehreportage über seine persönlichen Erlebnisse während der Zerstörung Nordhausens im April 1945 berichtet (Ausstrahlung am 1. März 2018, um 20.15 Uhr).

2.2 Einsatz für die Städtepartnerschaft zwischen Nordhausen und Bet Stemesh (Israel)
Aus der Arbeit zur Erinnerung an das jüdische Vermächtnis der Stadt Nordhausen hat sich Dr. Manfred Schröter als Bürgermeister für partnerschaftliche Beziehungen Nordhausens nach Israel eingesetzt. Ihm ist es vor allem zu verdanken, dass am 19. September 1992 die damaligen Bürgermeister von Nordhausen und Bet Shemesh, Dr. Manfred Schröter und Shalom Fadida, im Beisein des deutschen Botschafters die Partnerschaftsurkunde in Israel unterzeichnen konnten. Nordhausen war damit die erste Stadt in den neuen Bundesländern mit einem israelischen Partner.

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