Hallesche Straße (ca. Nr. 76) (Foto: Stadtarchiv Nordhausen)
Mit der Registrierung der Toten sowie der Suche und Bergung von verschütteten Personen wurde unmittelbar nach den Luftangriffen begonnen. Erhaltene Totenscheine sind auf den 5. April 1945 datiert, erste Registrierungstabellen der Toten entstanden bereits in der ersten Woche nach den Luftangriffen.
Hallesche Straße (ca. Nr. 76) (Foto: Tino Trautmann)
An Hand der im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen der Stadtverwaltung und den vielen Zeitzeugenberichten lassen sich die Bergungsarbeiten, die Registrierungen der Toten und die Beerdigungen teilweise auf den Tag genau und für einzelne Stadtgebiete exakt nachvollziehen. Dieser Befund des Forschungsprojektes zu den Luftangriffen widerspricht der bis heute in Nordhausen verbreiteten Auffassung, nach den Luftangriffen habe es über Tage solche Arbeiten nicht gegeben und eine spätere Ermittlung zum Beispiel der Zahl der Toten sei nicht möglich, weil die erforderlichen Unterlagen hierzu während der Luftangriffe vernichtet wurden. Ein Großteil der städtischen Verwaltungsakten ging bei den Luftangriffen tatsächlich verloren. Aber die für die Frage nach der Zahl der Toten und die Art ihrer Bergung und Beerdigung wichtigen Unterlagen entstanden erst nach den Luftangriffen. Sie sind bis heute erhalten, blieben aber über Jahrzehnte unbeachtet bzw. wurden nach dem Abschluss der Bergungsarbeiten nicht archiviert.
Wie im ganzen Stadtgebiet, so wurden auch in der Halleschen Straße Haus für Haus die bei den Luftangriffen ums Leben gekommenen Menschen erfasst. Dies betraf auch die zum Zeitpunkt der Angriffe in Nordhausen anwesenden ortsfremden Personen. In der Halleschen Straße 76 lebte Erna Wohlert mit ihren beiden Söhnen Hans und Heinz. Zu ihnen war ihre Schwester Gertrud mit ihrem acht Monate altem Sohn aus Niederschlesien geflüchtet. Das Haus auf dem Grundstück Hallesche Straße 76 wurde bei dem Angriff am 4. April 1945 vollständig zerstört, alle fünf Personen kamen ums Leben. Nur die Todesfälle der hier gemeldeten Personen konnten nach der Bergung beurkundet werden, für die beiden anderen fehlten dem Standesamt dafür notwendige Angaben. Ihr Schicksal kann über die jetzt erstmals ausgewerteten Bergungsunterlagen nachvollzogen werden.