Ablagestelle geborgener Leichen aus der Boelcke-Kaserne (Foto: National Archives, Washington)
Auf dem Gelände an der Rothenburgstraße wurde 1936 eine Kasernenanlage errichtet, benannt nach dem Jagdflieger Oswald Boelcke. Bis Sommer 1944 war in den Kasernen die Luftnachrichtenschule 1 untergebracht. Ab 1943 wurden auf dem Kasernengelände mehrere Zwangsarbeitslager errichtet, ab Herbst 1944 wurde das Arrestgebäude der Kasernenanlage als Gestapo-Gefängnis benutzt und im Januar 1945 richtete die SS in zwei Garagenhallen ein Außenlager das KZ Mittelbau-Dora ein, welches als zentrales Sterbelager des KZ fungierte. Zum Zeitpunkt des ersten Luftangriffes am 3. April 1945 waren in den Lagern mehrere tausend Menschen interniert, ihre genaue Zahl ist unbekannt.
Boelcke-Kaserne, Rothenburgstraße (Foto: Tino Trautmann)
Die Boelcke-Kaserne war das Hauptziel der Luftangriffe durch die Royal Air Force am 3. und 4. April 1945. Hier wurden aus Berlin evakuierte Befehlsstellen der Wehrmacht und hohe Funktionäre der NSDAP vermutet. Die Kasernen waren seitens der SS nicht als Gefangenenlager oder Lazarettgebäude mit einem Roten Kreuz gekennzeichnet. Nach den Luftangriffen setzte sich die SS aus Nordhausen ab, die kranken und verwundeten Menschen in den Lagern blieben sich selbst überlassen. Die in der Stadt ab 5. April 1945 laufenden Bergungen von Toten und die Versorgung von Verletzten wurden nicht auf das Gelände der Boelcke-Kaserne ausgedehnt.
Als die Truppen der US-Army am 11. April 1945 die Stadt erreichten, fanden sie hier knapp 2.000 Tote und einige noch hundert Lebende in den Hallen und auf dem Gelände der Boelcke-Kaserne vor. Es ist unmöglich zu klären, wie viele der Toten bereits vor den Luftangriffen durch Hunger und Krankheit gestorben waren und wie viele durch die Luftangriffe selbst ums Leben kamen. Die SS hatte bei der Evakuierung des Lagers Anfang April 1945 tote und sterbende Häftlinge zurückgelassen. Bis zum 15. April 1945 wurden die Leichen geborgen und auf dem neu errichteten Ehrenfriedhof beerdigt. Vor ihrer Beerdigung wurden die Leichen auf der Straße zwischen den Kasernengebäuden abgelegt. Auch in den Folgejahren wurden auf dem Gelände vereinzelt noch Leichen gefunden, eine später geräumte Fläche der Kasernenanlage nannte die Nordhäuser Bevölkerung den Aasrasen.
Von der Kasernenanlage ist heute nicht mehr viel vorhanden und nur ein Gedenkstein aus dem Jahr 1974 und eine Hinweistafel aus dem Jahr 2004 erinnern an diesen zentralen Ort der NS-Verbrechen in Nordhausen.