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Lesung am 5. Oktober in der Flohburg: „Macht aus dem Staat Gurkensalat - Eine andere Jugend. Weimar 1979 – 1989“

Donnerstag, 27. September 2012, 10:46 Uhr
Nordhausen (psv) Am Freitag, den 5. Oktober, um 19:00 Uhr, findet in der Flohburg |Das Nordhausen Museum eine Lesung des Buches „Macht aus dem Staat Gurkensalat“ mit den vier Autoren geben.

Graffiti (Foto: Thomas Onißeit) Graffiti (Foto: Thomas Onißeit)
„Macht aus dem Staat Gurkensalat“ (Foto: Thomas Onißeit)

„Wehr Dich“, „Schlagt zurück“ und „Macht aus dem Staat Gurkensalat“ forderten die Graffiti – ein Aufruf zum „Aktiven Widerstand“. Die Parolen, die im Vorfeld des Nationalfeiertags der DDR im Oktober 1983 an den verfallenden Fassaden der Klassikerstadt Weimar auftauchten, waren in ihrer Botschaft eindeutig. Für die Hüter der sozialistischen Ordnung bestand kein Zweifel: Sie sahen gefährliche Staatsfeinde am Werk, derer man unbedingt habhaft werden musste.
Die damaligen Sprayer Ullrich Jadke, Jörn Luther, Thomas Onißeit und Holm Kirsten haben ihre Erlebnisse aufgeschrieben und werden am Freitagabend in der Flohburg –Das Nordhausen Museum davon erzählen. Der Eintritt ist frei.

Autoren und Herausgeber (Foto: Claus Bach) Autoren und Herausgeber (Foto: Claus Bach)
von links: Herausgeber Rüdiger Haufe, Autoren: Ullrich Jadke, Jörn Luther, Thomas Onißeit, Holm Kirsten (Foto: Claus Bach)

Die Weimarer Graffiti-Aktion von 1983 fanden ein Echo bis in die bundesdeutschen Medien hinein, denn sie standen in eklatantem Widerspruch zu den offiziellen Bemühungen der DDR, sich als weltoffener, friedliebender und die Menschenrechte achtender Staat zu präsentieren. Kennzeichen D, der RIAS, der SPIEGEL, die Süddeutsche Zeitung und weitere überregionale Blätter berichteten und sorgten so für eine Aufmerksamkeit, die den sozialistischen Machthabern alles andere als recht war.

Am 24. Februar 1984 wurde den Sprayern vor dem Kreisgericht Erfurt der Prozess gemacht.
Als sich der Tag der Verhaftung im Jahr 2003 zum 20. Mal jährte, nahmen die alten Freunde dies zum Anlass für ein Wiedersehen. In den dabei geführten Gesprächen wurde ihnen erneut deutlich, wie sehr die Stasi-Haft und ihre Folgen zu prägenden Erlebnissen am Übergang zum Erwachsenwerden geworden waren. Erlebnissen, die sie immer noch beschäftigten.
Zugleich mussten sie feststellen, wie wenig ihre Erfahrungen und Erinnerungen zu der seinerzeit medial aufwendig inszenierten Rückbesinnung auf die untergegangene DDR passten.

Die zu hörenden Texte dokumentieren einen Blick auf ihren Gegenstand, der sich bewusst von den zuweilen larmoyanten ostalgischen Verklärungen der „Zonenkinder“-Literatur abhebt, aber ebenso jeden vordergründigen heldenhaften Widerstandsgestus vermeidet. Die vier in ihrer Tonlage jeweils eigenen Stimmen, die sich hier zu Wort melden, sagen laut und deutlich „Ich“ und „Wir“. Die Skala reicht dabei von immer noch spürbarer Betroffenheit bis zu ironischer Distanz. Jugendlichen Protest, schräge Partys und schrille Punk-Konzerte, adoleszente sexuelle Sehnsüchte, chaotische Wohngemeinschaften, subkulturelle Kunst-Happenings, die Tristesse des Alltags, Alkohol und Zigaretten – das alles gab es im Westen wie im Osten.

„Macht aus dem Staat Gurkensalat“ ist das literarische Dokument einer unangepassten Jugend im untergehenden Sozialismus, das weit mehr liefert als nur die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Es beinhaltet authentische Erzählungen von jugendlichem Aufbegehren, von den Skurrilitäten des Erwachsenwerdens, von früher existenzieller Erfahrung und vom Willen zur Individualität.


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